Ich versuche ein bißchen zu erzählen, wie es mir ergangen ist. Ich bin jetzt seit 1991 erkrankt, Auslöser waren 2 Kortison-Spritzen gewesen. Lange Zeit wußte ich nicht, was mit mir los ist und ich machte einfach weiter, so wie bisher, nur, daß ich die körperliche Kraft kaum noch aufbringen konnte. Am Tag nachdem ich die 2. Kortisonspritze bekommen hatte, wurde ich in der Nacht auf einmal wach und sah nur noch rot und schwarz und ich dachte, der Teufel ist hinter mir her und steht im Badezimmer, dann fing ich an Stimmen zu hören, die sich sehr furchterregend anhörten. Ich kam nicht mehr dazu zu schlafen und hatte doch tagsüber drei Kinder zu versorgen, darunter noch ein Baby. Dies ging so weiter bis März 1991, dann hatte ich einen körperlichen Zusammenbruch und kam auf die Innere im Krankenhaus. Dort blieb ich eine Woche und wurde mit einem Termin bei einer Psychiaterin entlassen. Ich mußte ca. 3 Monate Leponex nehmen, dann war alles wieder so wie früher und ich war wieder gesund. Im Herbst 1993 fuhr ich mit 2 meiner Kinder nach Wien, um einen alten Bekannten zu besuchen. Schon auf der Fahrt dorthin bekam ich Ohrenschmerzen, die sich zu einer heftigen Entzündung entwickelten, als ich in Wien war. Beim Arzt dort bekam ich dann Kortison und am nächsten Tag hatte ich wieder voll die Psychose am dampfen. Vollkommen krank kehrte ich nach Hause zurück, ging aber nicht zum Psychiater, der Punkt "of no return" war längst überschritten. Ich sagte meinem Mann, daß ich mich scheiden lassen wollte und er sollte bis zum 15. November ausziehen. Er begriff das alles nicht. Aber er kämpfte auch nicht um mich. Ich war nun mit drei Kindern alleine, von denen eines behindert ist, arbeitete im Wechseldienst und war am Ende meiner Kräfte. Meine Familie half mir in der Zeit nicht. Auch meine Bitte, das behinderte Kind die Woche über zu nehmen, wurde abgelehnt. So gab ich schweren Herzens meinen Sohn in ein Heim. Ich arbeitete dann noch weiter bis März 1994, bis zu dem Tag, wo mir auf der Arbeit übel wurde. Denken konnte ich schon sowieso lange nicht mehr. An diesem Tag kehrte ich nicht nach Hause zurück, sondern wanderte den ganzen Tag und die halbe Nacht durch Köln. Dann schlief ich in einer Sandkiste auf einem Spielplatz. Am frühen Morgen brach ich dann auf und meldete mich bei der Bahnpolizei, weil ich nicht mehr wußte, wer ich bin und wo ich wohne. Die zwei Kinder waren Gott sei Dank nicht alleine zu Hause. An dem Tag kam mein Mann vorbei und holte sie zu sich. bzw. hielt sich in meiner Wohnung auf. Ich kam auf die Intensivstation eines Krankenhauses in Köln und wurde dort am nächsten Tag nach einem EEG wieder entlassen. Drei Tage später ging gar nichts mehr, ich ging in die Psychiatrie und hoffte, daß man mir helfen könnte. Als ich am nächsten Morgen äußerte, daß ich wieder nach Hause wollte, wegen meinen Kindern, bekam ich eine Zwangseinweisung. Sechs Wochen mußte ich dort bleiben. Während dieser Zeit bin ich zweimal dort abgehauen. Heute ist es so, daß ich in meinen Unterlagen stehen habe, daß wenn ich Kortison bekomme, dann muß ich gleichzeitig ein Neuroleptikum nehmen. Die letzte Kortisonspritze bekam ich 2001, dazu eine Woche Risperdal und ich bekam keine Psychose mehr. Was ich so bereue, ist, daß alles kaputtgegangen ist, die Beziehung zu meiner elterlichen Familie und die Scheidung von meinem Mann. Er hat nie begriffen, daß ich so krank war und auch wenn ich es ihm später versucht habe begreiflich zu machen, so hat er es doch nicht verstanden. Heute lebe ich allein mit meinem Sohn, den ich seit letztem Jahr wieder aus dem Heim geholt habe. Der andere Sohn lebt bei meinem Ex und meine Tochter ist inzwischen erwachsen und lebt bei ihrem Freund. Ich trauere dem sehr hinterher, daß mein Mann nicht mit mir zum Arzt gegangen ist und nicht um mich gekämpft hat. All denjenigen, die hier schreiben und deren Familie und Angehörige Verständnis aufbringen .... möchte ich nur sagen ... seit dankbar dafür, denn es ist nicht die Regel. Manchmal möchte ich nur noch weinen .....
Birgit
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